Anruf eines Architekten:
"Kannst du mal mitkommen?" Nur mal eben gucken, ob das ne Brandwand ist?"
Mitkommen kann ich, mach ich sogar. Versprechen, dass es tatsächlich eine Brandwand ist, werde ich nicht, aber ich guck es mir gerne mal an.
Ehemaliger landwirtschaftlich genutzter Gebäudekomplex, später auch mit Gastwirtschaft, soll einer Nutzungsänderung zugeführt werden. Laut irgendwelchen alten Plänen ist nach dem Krieg mal was erweitert worden und auch eine Brandwand gemauert worden. Prima.
Im EG 17,5er Mauerwerk beidseitig verputzt und mehrfach tapeziert. Könnte durchgehen. Eine eingebaute Metalltür ohne jegliche Kennzeichnung könnte auch, wie mit Filzstift beschrieben, als "Feuerschutztür" durchgehen. Fängt ja erst mal gut an. Der 2 x 3 m große Durchbruch im Gastraum ohne jeglichen Abschluss im Nebenzimmer wird nach Ansicht der Anwesenden völlig überbewertet ;-)
Im OG ist der "Ostflügel" noch bewohnt. Also gucken wir erst mal im leer stehenden "Westflügel". Die Brandwand ist hier nicht zu sehen. Noch mal messen, noch mal in die Pläne gucken. Irgendwas passt nicht. Kleiner Hammertest durch den Statiker: Eine Heraklitwand hat den "Westflügel" um ca. 2,5 m westwärts verkleinert. Die vermeintliche Brandwand ist durch das Loch zu sehen, allerdings mit Durchbruch. Anscheinend hat sich da im "Ostflügel" jemand einen begehbaren Kleiderschrank und einen Abstellraum gebastelt.
Die Dachbodenluke im Westflügel nötigt mich, sie zu öffnen. Erster Blick durch die Luke: Eine brandwandähnliche Stein - Mörtel - Kombination lacht mir entgegen.
Freundlich lache ich zurück. 11,5er Ziegelstein aus Kriegsresten, handgemauert, Wasserwaage, Richtschnur, etc. Fehlanzeige. Und ein Durchbruch zum Westflügel. Die vermeintliche "Feuerschutztür" entpuppt sich als Resteverwertung eines alten Ackerwagens. Die fehlende Gängigkeit könnte man mit einer halben Dose Caramba oder WD 40 sicher beheben.
Während ich mich noch über den Brandwandversuch erfreue, kriegt der Statiker neben mir plötzlich eine Gänsehaut. Weniger wegen der unterm First hängenden Fledermäuse. Vielmehr wegen der abenteuerlichen Konstruktion der Pfettenauflagen. Sowohl die Pfetten des Ost- wie auch des Westflügels liegen in Durchbrüchen der Antibrandwand auf, ein paar Keile, ein wenig untermauert, so bekommt die Pfette die notwendige Dynamik in der Statik. Kopfschütteln....
Wieder unten angekommen, werden wir von einem Ureinwohner empfangen.
"Dat haben wir selbst nach´m Krieg gebaut. So was findet man heute nicht mehr. Dat hält noch 100 Jahre..."
Für satz 1 erhält er den vollen Respekt der Anwesenden. Satz 2 könnte stimmen. Satz 3 wird seitens des Statikers verneint.
Kurze Beratung: Die geplante Nutzungsänderung wird wegen der Fledermäuse erst mal verschoben. Naturschutz kommt im Gegensatz zu Brandschutz und Statik immer gut an. ;-)